DJG-Vorsitzende Gudrun Orth trifft den Präsidenten des jemenitischen Präsidialrates Rashad Al-Alimi am 14.9.2022 in Berlin.
Die Deutsch- Jemenitischen Gesellschaft e.V. DJG war von der Botschaft der Republik Jemen
eingeladen, an einem Treffen mit Mitgliedern der jemenitischen Regierung teilzunehmen. Die
Vorsitzende Gudrun Orth und Martin Weiss, Beirat der Gesellschaft, wurden in Berlin herzlich
begrüßt.
Der Präsident würdigte ausführlich die deutsche-jemenitischen Beziehungen und betonte insbesondere auch seine persönliche Wertschätzung Deutschlands. (Hintergrund: 2011 wurde er in Deutschland medizinisch behandelt, nachdem er im Bürgerkrieg in der Schlacht um Sana’a verwundet worden war).
Al-Alimi beschrieb die aktuelle Situation und das Selbstverständnis des Präsidialrates als Rat des Friedens, der den Houthis die Hand zum Frieden ausgestreckt habe. Er betonte die Wichtigkeit des seit 6 Monaten anhaltenden Waffenstillstands, der eine Voraussetzung ist für die Beendigung des Krieges. Dies aber könne nur gelingen, wenn beide Seiten die Bedingungen einhielten. Während die Voraussetzungen für den Waffenstillstand von Regierungsseite voll umfänglich eingehalten würden, werde von den Houthi Milizen keine der Bedingungen erfüllt: Die Zufahrt nach Tait ist weiter nicht möglich, Gehälter in Houthi kontrollierten Gebieten werden weiter nicht bezahlt. Zudem gab es seitens der Houthis schon mehrfach Brüche des Waffenstillstandes mit Toten und Verletzten.
Der Regierung sei es in den vergangenen Monaten in Aden gelungen, erste Verbesserungen in der Versorgung der Bevölkerung zu erreichen. Dazu seien Verbesserungen der Infrastruktur in den Sektoren Bildung, Wasser, Straßenbau erzielt worden, sowie die Bereitstellung von Gehältern für staatliche Beamte und generell der Wiederaufbau rechtsstaatlicher Strukturen. Ein großes Risiko für die Zivilbevölkerung seien die ca 2 Millionen Landminen in den von den Houthis kontrollierten Gebieten.
Die Regierung sei sich sehr bewusst, dass Frauen und Kinder die Hauptleidtagenden der
Kriegssituation seien. Deshalb habe die Verbesserung der Dienstleistungen für die Bevölkerung
höchste Priorität. Aktuell würden 17 Projekte der Regierung mit Mitteln aus Saudi-Arabien
umgesetzt, davon 14 in Aden. Die VAE haben einen Staudamm in Abyan finanziert und weitere
Staudämme werden geplant. Mit Siemens wird eine Vereinbarung zur Verbesserung der
Elektrizitätsversorgung sowie dem Wiederaufbau des Gaskraftwerkes in Marib unterzeichnet.
Auf Nachfrage der DJG-Vorsitzenden, welche Relevanz die Resultate des Nationalen Dialogs für
die zukünftigen politischen Prozesse haben, betonte Al- Alimi, dass wesentliche Punkte weiter
ganz oben auf der Agenda stehen: ein föderales System, volle Gewährung der Menschenrechte,
v. a. Förderung von Frauen und Kindern. Endziel jedes politischen Prozesses seien allgemeine
Wahlen. Bereits eingeführt wurde ein neues Parteiengesetz, und die Zulassung von 17 Parteien,
wovon sieben im Präsidialrat vertreten sind, darunter die drei wichtigsten jemenitischen
Parteien: der Allgemeine Volkskongress, die Islah-Partei und die Jemenitische Sozialistische
Partei. Al-Alimi sprach in diesem Zusammenhang mehrfach von einer “Konsens-Regierung“.
Außer dem Präsidenten Al- Alimi waren der Außenminister Dr. Ahmed Bin Mubarak, der
Botschafter Dr. Yahya Al-Shaibi und der Geschäftsträger der Botschaft Loai Al- Eriyani
anwesend. Von deutscher Seite nahmen Vertreter:innen der politischen Stiftungen (Konrad
Adenauer, Friedrich Ebert und Friedrich Naumann und der jemenitischen Handelskammer
GHORFA teil.
Der Außenminister Bin Mubarak wünscht sich von deutscher Seite Kooperationen in den
Bereichen Menschenrechte (vor allem Kinder und Frauen) und Dezentralisierung. Im
informellen Austausch konnte die Vorsitzende der DJG die katastrophale Versorgungslage
ansprechen, die dramatische Sicherheitssituation in Taiz und das Problem der zwei Währungen
im Jemen. Der Eindruck verfestigt sich, dass die Regierung in den Houthi kontrollierten
Gebieten machtlos ist. Dass die Leitung des Obersten Gerichtshofes des Jemen seit kurzer Zeit
von einer Frau wahrgenommen wird, wurde mehrfach betont, auch als Zeichen für Fortschritte
im Regierungshandeln.
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